Die letzten Tage machen deutlich, wie instabil der Frieden in Teilen der Welt – auch in Europa – sein kann. Die Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauen- und Gleichstellungsbüros Niedersachsen (LAG Gleichstellung) nimmt die aktuelle Lage zum Anlass, am Internationalen Weltfrauentag einen Blick auf die Rolle von Frauen in Friedensprozessen zu werfen und mögliche regionale Forderungen daraus abzuleiten.

Im Oktober des Jahres 2000 wurde die Resolution 1325 „Frauen, Frieden und Sicherheit“ vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einstimmig verabschiedet. Frauen leisten wichtige Arbeit in Krisengebieten vor Ort: sie sorgen für geschützte Räume, verhandeln über Korridore für humanitäre Hilfen und setzen sich für Kinder ein. Aber in formellen Friedensverhandlungen sind sie stark unterrepräsentiert. Dabei belegen Studien: Sind Frauen bei Friedensprozessen beteiligt, steigt die Chance, dass die Vereinbarungen längerfristig Bestand haben. Zudem werden bei weiblicher Beteiligung Absprachen getroffen, die Männer und Frauen im Blick haben.

Dabei geht es nicht nur um das Recht, das Frauen haben sollten, gleicher-maßen bei wichtigen Entscheidungen involviert zu sein, sondern auch um die Chance, alle personellen Ressourcen der Demokratie vollständig einzusetzen. Wird Frauen die Beteiligung bei Friedensprozessen verwehrt oder erschwert, wird gleichzeitig die Aussicht auf vollumfängliche Regelungen, die die gesamte Bevölkerung der jeweiligen Krisenregion berücksichtigt, minimiert.

Sind Frauen bei Friedensverhandlungen beteiligt, steigt die Chance um 35%, dass das Abkommen mindestens 15 Jahre eingehalten wird. Die Frage, warum Frauen immer noch stark an den Verhandlungstischen bei wichtigen Entscheidungen in Friedensprozessen unterrepräsentiert sind, ist berechtigt. Der Frauenanteil bei verschiedenen Rollen in Friedensverhandlungen lag insgesamt bei unter zehn Prozent im Durchschnitt in den letzten Jahrzehnten.

Warum nehmen wir uns die Chance auf langandauernden Frieden? Und welche Folgerungen kann für die kommunalpolitische Arbeit vor Ort daraus abgeleitet werden? Im Durchschnitt haben die kommunalpolitischen Parlamente in Niedersachsen einen Frauenanteil von 27 Prozent. Im Niedersächsischen Landtag liegt der Anteil weiblicher Abgeordneter bei 28%. Viele Beschlüsse werden gefasst, ohne die Erfahrungen und Sichtweisen von Frauen zu berücksichtigen. Dadurch werden Maßnahmen und Projekte umgesetzt, die die Anforderungen von Bürgerinnen nicht erfüllen können. Eine vermeidbare Nachjustierung belastet die finanziellen und zeitlichen Ressourcen.

Generell haben politische Gremien damit zu kämpfen, Nachwuchs zu gewinnen. Es sollte demnach ein großes Interesse innerhalb der unterschiedlichen Parteien bestehen, beide Geschlechter gleichermaßen anzusprechen und für die eigene Sache zu gewinnen.

Sind Frauen zu gleichen Anteilen bei wichtigen Entscheidungen beteiligt, so erhöhen sich die Chancen auf geschlechtergerechte Beschlüsse, die sowohl die Anforderungen von Männern als auch die von Frauen berücksichtigen. Vor allem die soziale Gerechtigkeit profitiert davon und stabilisiert die Demokratie auf kommunaler Ebene. Solch eine stabile Basis, die gekennzeichnet ist durch geschlechtergerechte und demokratische Werte, würde die Stabilität sowohl auf Landesebene als auch europaweit fördern. Paritätisch besetzte kommunalpolitische Parlamente erhöhen gleichzeitig die Chance auf geschlechtergerechte politische Gremien auf Landes- und Bundesebene.

Die LAG Gleichstellung fordert Gesetze auf Landes- und Bundesebene, die eine klare Verteilung der Mandate halbe-halbe regeln. Die Gleichstellungsbeauftragten appellieren an die politischen Vertreterinnen und Vertreter, sich für die Parität – und damit für die Gerechtigkeit – einzusetzen, die eigenen Parteistrukturen zu hinterfragen sowie mutige, zukunftsfähige Lösungsansätze zu finden.

Auch wenn manche dramatischen Ereignisse weit weg erscheinen, so liegen die Zusammenhänge zwischen Kommunal- und Weltpolitik auf der Hand. Die gerechte Beteiligung von Frauen darf nicht mehr als pflichtgemäße Erfüllung von Quoten angesehen werden, sondern als Schlüssel für eine gerechte und sichere Politik auf allen Ebenen, die alle Ressourcen demokratischer Werkzeuge vollumfänglich ausschöpft.