Im Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung soll die Abteilung 2 `Frauen und Gleichstellung´ mit der Abteilung 3 `Jugend und Familie´ zusammengelegt werden. Dies scheint erst einmal nur eine arbeitsorganisatorische Maßnahme zu sein. Abgesehen davon, dass Gleichstellung als Querschnittsthema alle Politikbereiche angeht und damit die Ansiedlung im Sozialministerium fachlich bereits zu kurz greift, entscheiden personelle und finanzielle Ressourcen über den Handlungsspielraum verantwortlicher Beauftragter, Ministerien oder Referate in der jeweiligen Regierungsarbeit – Gute Ausstattung ist die Grundlage für eine hohe Wirksamkeit!

Eine solche Umorganisation schränkt die Sichtbarkeit der Frauen- und Gleichstellungspolitik in Niedersachsen deutlich ein. Unser Appell an dieser Stelle lautet: Frauen- und Gleichstellungspolitik ist ein Verfassungsauftrag.

Greift die Argumentation eine Zusammenlegung wäre notwendig und sinnvoll, weil die Abteilung zu klein sei wirklich, oder müsste bei einer ernsthaften Verfolgung des Verfassungsauftrages nicht vielmehr die personelle Ausstattung erweitert werden?! Abteilungen zusammenzulegen, die jeweils zu wenig Personal haben, führt nach unserer Erfahrung aus der Praxis dazu, dass die dringlichen Pflichtaufgaben v.a. im Jugendbereich langfristig die Gleichstellungsarbeit in den Hintergrund drängen werden. Auch wenn die Absichten im Ministerium erst einmal andere sind: Wichtige Aufgaben müssen über Ressourcen abgesichert werden. Sonst bleibt es bei einer Bekenntnispolitik, auf die Frauen als Wählerinnen gut verzichten können.

Während der Pandemie trat ein Rückfall in alte Rollenmuster ein. Für die Kinderbetreuung sind nach wie vor zuerst die Mütter zuständig, wie auch für den Haushalt oder die Versorgung von Pflegebedürftigen. Alle Gleichstellungsberichte belegen, dass wir hier noch viel zu tun haben und der Verfassungsauftrag bislang nicht zielgerichtet umgesetzt wurde. Angesichts der geplanten Veränderungen stellt sich die Frage, wie ernst es der Landesregierung damit ist.

Wir sehen einen dringenden Handlungsbedarf für eine explizit geschlechtergerechte Gestaltung von Politik – dass es zu wenig Haushaltsmittel gibt, ist eine übliche Argumentation: Denn Relevanz wird über Ausstattung geregelt!

Wir erwarten, dass Frauen- und Gleichstellungspolitik in Niedersachsen statt sich in Richtung einer Bekenntnispolitik zu einer Politik der Taten entwickelt. Themen wie Gewalt gegen Frauen oder die Krise in der Pflege und Kinderbetreuung liegen nicht allein in der Verantwortung von Frauen, sondern sind gesamtgesellschaftlich relevante Aufgaben. Der Fachkräftemangel verstärkt hier die Probleme doppelt: Zum einen fehlen Fachkräfte in den Care-Bereichen, zum anderen fehlen Frauen als Fachkräfte in der Gesamtwirtschaft, da deren Kinder nicht verlässlich und ausreichend betreut werden Die Erfahrung zeigt: Nicht die Väter gehen verstärkt in Teilzeit und bleiben zuhause, sondern immer noch vorwiegend die Mütter- mit allen negativen Konsequenzen für die eigene Absicherung.

Wir erwarten von einem Ministerpräsidenten und einem Gleichstellungsminister ein klares Statement, das aufzeigt, dass ihnen der Gleichstellungsauftrag des Grundgesetzes und der Niedersächsischen Verfassung von hoher Relevanz sind und ihre entschiedene Unterstützung erhalten.