Stellungnahme zum Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zu männlichen Gleichstellungsbeauftragten und zur Erhöhung der Einwohnendenzahl für die Hauptberuflichkeit
Stellungnahme zur LT. Drs. 19/1595 in der Angelegenheit Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zu männlichen Gleichstellungsbeauftragten und zur Erhöhung der Einwohnendenzahl für die Hauptberuflichkeit von 20.000 auf 40.000
Die LAG Gleichstellung kann dem Antrag der AfD-Fraktion weder in dem Anliegen folgen, männliche Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen, noch in der Anhebung der Einwohnendenzahlen als Grundlage für eine hauptberufliche Gleichstellungsbeauftragte. Wir fordern die Landesregierung auf, den Antrag abzulehnen und begründen dies wie folgt:
Das Urteil 2 Sa 262 d/17 vom 2.11.2017 aus Schleswig-Holstein hat sich mit dem Sachverhalt männlicher Gleichstellungsbeauftragter und einem möglichen Verstoß gegen §8 AGG befasst. Das Urteil hat die Rechtmäßigkeit ausschließlich weiblicher Gleichstellungsbeauftragter bestätigt. Dies ergibt sich aus der Gesetzessystematik und den Gesetzesmaterialien. Die Vorschriften dienen der Beseitigung nach wie vor vorhandener struktureller Nachteile von Frauen und sind mit dem Grundgesetz sowie dem Unionsrecht trotz erheblicher Nachteile für die formal benachteiligten Männer vereinbar. Im Übrigen ist das weibliche Geschlecht für einen wesentlichen Teil der Tätigkeiten einer Gleichstellungsbeauftragten unverzichtbare Voraussetzung. Ähnliche Urteile gibt es in Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen. Eine Abweichung von der gängigen Rechtsprechung für Niedersachsen ist abzulehnen.
Unsere Gesellschaft basiert auf historisch und sozioökonomisch gewachsenen Strukturen, deren strukturelle Benachteiligung von Frauen sich durch statistische Daten belegen lassen. Die Zahlen und Statistiken können nicht schöngeredet werden. Frauen verdienen im Durchschnitt weniger und sind von einer erheblichen Rentenlücke betroffen. Die Partizipation von Frauen in Führungspositionen und politischen Mandaten zeigt ein deutliches Ungleichgewicht und die jährlich veröffentlichten Opferzahlen der Partnerschaftsgewalt belegen eine hohe Betroffenheit seitens der Frauen.
Eine strukturelle Benachteiligung von Männern kann in dieser gesellschaftlichen wie thematischen Breite nicht nachgewiesen werden. Von männlichen Gleichstellungsbeauftragten ist aus diesem Grund abzusehen.
Das Ministerium für Inneres und Sport hat im Austausch mit den kommunalen Aufsichtsbehörden im November 2020 protokollarisch festgehalten, dass das NKomVG einen Mindestrahmen an personellen Ressourcen vorgibt, die den Kommunen aufgrund der kommunalen Selbstverwaltung einen ausreichenden Spielraum zur Ausgestaltung der tatsächlichen Umsetzung des Verfassungsauftrages einräumt. Keinen Spielraum räumt die Landes-Gesetzgebung bei der Frage ein, ob die Aufgabe wahrzunehmen ist. Eine Veränderung der gesellschaftlichen Lage ist seither nicht erkennbar und ein reduziertes Mindestmaß der Rahmenbedingungen nicht sinnvoll. Vielmehr muss darüber nachgedacht werden, die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten auch in kleineren Kommunen unter 20.000 Einwohnenden mit zeitlichen und finanziellen Ressourcen auszustatten, die zur Erfüllung des Verfassungsauftrages notwendig sind. Die Praxis zeigt: Ehrenamt und Gleichstellungsarbeit sind schwer vereinbar und mehr von schlechten Kompromissen geprägt als von wahrer Umsetzung des Verfassungsauftrages.
Aus diesen benannten Gründen bitten wir, den Antrag der AfD nicht zu unterstützen und ihm klar zu widersprechen.